Hausarbeit: „Deutschland im Wandel....(1945-1950)

Hier wird über alles diskutiert das in die Zeit des 2. Weltkriegs fällt.
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Czury
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Hausarbeit: „Deutschland im Wandel....(1945-1950)

Beitrag von Czury »

Hallo Leute!

Die folgende Hausarbeit hab ich vor ein paar Wochen angefertigt.

Wen es interessiert, der kann sie sich ja angucken.

Ciao


______________________________________________


„Deutschland im Wandel
- von den Plänen über die Kriegsprozesse zur Umstrukturierung“


INHALT

1. Nach dem Krieg – Die Pläne der Alliierten
1.1 Von der Atlantikcharta 1941 bis zur Konferenz von Jalta
1.2 Der besiegte Feindstaat
2. Die Anfänge der Besatzungsherrschaft
2.1 Der Alliierte Kontrollrat und die Besatzungszonen
2.2 Die Auswanderer und Unschuldigen
3. Demontagen und Reparationen
3.1 Die Demontagen
3.2 Die Reparationen
4. Der Nürnberger Prozess
4.1 Die Angeklagten
4.2 Weitere Prozesse
5. Fragebögen und Persilscheine – Die Entnazifizierung
5.1 Das Verfahren der Amerikaner
5.2 Die Spruchkammern
5.3 Britische und französische Vorgehensweisen
5.4 Die „antifaschistische Umwälzung“ in der SBZ
5.5 Vergleich und Bilanz
6. Die Umerziehung
6.1 Umstrukturierung von Justiz, Wirtschaft und Kultur
6.2 Die Änderung der Besatzungspolitik
7. Die Frage des staatlichen Neubeginns in Deutschland
7.1 Die „Renazifizierung“ und Restauration
8. Literaturangaben


1. Nach dem Krieg – Die Pläne der Alliierten


Die amerikanische Besatzungsdirektive JCS 1067 vom 26. April 1945 definiert die grundlegenden Ziele der Militärregierung in Deutschland:

„Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke der Befreiung, sondern als ein besiegter Feindstaat ...
Das Hauptziel der Alliierten ist es, Deutschland daran zu hindern, je wieder eine Bedrohung des Weltfriedens zu werden. Wichtige Schritte zur Erreichung dieses Ziels sind die Ausschaltung des Nazismus und des Militarismus in jeder Form, die sofortige Verhaftung der Kriegsverbrecher zum Zwecke der Bestrafung, die industrielle Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands mit langfristiger Kontrolle des deutschen Kriegspotentials und die Vorbereitungen zu einem späteren Wiederaufbau des deutschen politischen Lebens auf demokratischer Grundlage.“

Die Bestrafung der Kriegsschuldigen war das Hauptziel der Alliierten. Die Deutschen hatten, so die einhellige Meinung, innerhalb weniger Jahre zweimal gewaltsam versucht ihren Machtbereich auszubreiten. W. Churchill sprach später sogar von einem „zweiten Dreißigjährigen Krieg“. Die Deutschen waren nach alliierter Meinung eine ständige Bedrohung für ihre Nachbarn und man müsse ihnen die Möglichkeit zum Krieg nehmen.

1.1 Von der Atlantikcharta 1941 bis zur Konferenz von Jalta 1945

Während des Krieges kursierten die verschiedensten Pläne um den Verbleib Deutschlands nach dem 2. Weltkrieg, teils offiziell, teils auch aus privaten Bereichen.
Zu den offiziellen Verlautungen gehörte die Absprache zwischen W. Churchill und F. D. Roosevelt vom 12.9.1941, welche die Grundlage für die Atlantikcharta bildete, sowie die Konferenzen von Casablanca, Moskau und Teheran 1943 und vor allem die Konferenz von Jalta 1945.

Die Atlantikcharta hatte neben Ziel der Vernichtung des „Naziapparates“ vier weitere Hauptziele formuliert, die auf dem „Vierzehn-Punkte-Programm“ W. Wilsons aus dem 1. Weltkrieg beruhten. So sollten territoriale Veränderungen nur im Einklang mit den befreiten Völkern vorgenommen werden, jede Nation sollte ein Selbstbestimmungsrecht erhalten, ein freier Handelsmarkt geschaffen und wirtschaftliche Kontakte geknüpft werden.
Im Januar 1943 verkündete die Anti-Hitler-Koalition in Casablanca die „bedingungslose Kapitulation der Achsenmächte“ als zentrales Ziel. Im Oktober 1943 wurden in Moskau, während einer Konsultation der Außenminister, Kriegsverbrecherprozesse angekündigt.

Deklaration der Konferenz von Moskau:

„Sobald irgendeiner in Deutschland gebildeten Regierung ein Waffenstillstand gewährt werde, so sollten jene deutschen Offiziere, Soldaten und Mitglieder der Nazipartei, die für die Grausamkeiten, Massaker und Exekutionen verantwortlich gewesen waren, in jenen Ländern abgeurteilt werden, in denen sie ihre Taten ausgeführt hatten.“

Die Täter, deren Tätigkeit keine örtliche Beschränkung hatte, sollten durch ein gemeinsames alliiertes Gericht verurteilt werden.
Diese Erklärungen wurden auf der Konferenz von Teheran 1943 ergänzt, jedoch wurde hier bereits von Gebietsabtrennungen vom deutschen Reich als Reparation gesprochen.
Im Februar 1945 wurde auf Jalta die gemeinsame Position der Alliierten erneut bekräftigt.

1.2 Der besiegte Feindstaat

In der Direktive JCS 1067 (Zusammenschluss der Stabschefs der USA), welche 1944 die Grundlagen der Besatzungspolitik festlegte und 1945 von Truman gebilligt wurde, hieß es eindeutig, dass Deutschland nicht zur Befreiung besetzt wird, sondern als besiegter Feindstaat.

Die deutsche Bevölkerung fürchtete bei einer Niederlage ein „Über-Versailles“ und sah keine Zukunft mehr für ihr Land sollte der Krieg verloren gehen. Der Zusammenhalt der Deutschen wuchs, da die NS-Propaganda simpelste Feind-Pläne gezielt einsetzte. Der amerikanische Finanzminister hatte z.B. die Agrarisierung Deutschlands vorgeschlagen („Morgenthauplan“), was jedoch nur halboffiziell oder privat verbreitet wurde, jedoch durch geschickte Darstellung in Deutschland Hysterien auslöste.

Goebbels verurteilte solche Pläne öffentlich:

„Die Herren würden die Bekanntgabe solcher Pläne noch einmal bitter bereuen.“

Die „Wir-sitzen-alle-in-einem-Boot-Mentalität“ wurde dadurch bis zum Kriegsende in Deutschland spürbar.


2. Die Anfänge der Besatzungsherrschaft


Deutschland war durch die alliierte militärische Überlegenheit geschlagen worden. Regierung und Entnazifizierung bzw. Umerziehung oblagen deswegen selbstverständlich den vier Militärregierungen.
Diese agierten frei bis 1948 das Verfahren in deutsche Hände überging.

2.1 Der Alliierte Kontrollrat und die Besatzungszonen

Der alliierte Kontrollrat setzte, sich gemäß dem Potsdamer Abkommen, aus den vier militärischen Oberbefehlshabern D. D. Eisenhower (USA), B. Montgomery (GB), G. K. Schukow (UdSSR) und M. P. Koenig (F) zusammen. Er war gemeinsames Organ der Besatzungsmächte und oberste Regierungsgewalt.
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Die Besatzungszonen wurden in Deutschland und Österreich meist so verteilt, wie die jeweiligen Armeen zuletzt stehen geblieben waren. Einzige Ausnahme war das amerikanisch besetzte Thüringen, dass an die Sowjets abgetreten wurde. Das ehemalige Preußen wurde von allen vier Besatzungsmächten besetzt und östlich der Oder-Neiße-Linie von Polen verwaltet. Im Februar 1947 wurde Preußen als aufgelöst erklärt, da es den Ursprung des deutschen Militarismus darstellte.
Berlin, die alte Reichshauptstadt, und Wien wurden in vier Sektoren unterteilt.
Deutschland wurde bis 1952 in Länder aufgeteilt, die teilweise neu gegründet wurden (z.B. Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg).
In der sowjetischen Besatzungszone wurde am 27.7.1945 mit dem „Befehl Nr. 17“ eine Zentralverwaltung eingerichtet.

2.2 Die Auswanderer und Unschuldigen

Im Zuge der politischen Umgestaltung wurden nur unbelastete Deutsche in Machtpositionen gelassen, die jedoch trotzdem unter starkem Einfluss der Siegermächte standen. Ein Beispiel für die Macht der Besatzer war Konrad Adenauer, der 1945 von den Amerikanern als Oberbürgermeister von Köln eingesetzt wurde und von den Briten wieder entlassen worden war.
Auch Emigranten, die sich schon während des Krieges mit der Zeit nach Hitler beschäftigten, waren für die Alliierten wichtig, denn sie wurden nun in der Verwaltung oder v. a. im Entnazifizierungsapparat tätig.

In der sowjetischen Besatzungszone kam den Emigranten der KPD eine besondere Rolle zu, da sie mit der Roten Armee nach Deutschland zurückkehrten und einen neuen Verwaltungsapparat aufbauten (z.B.: Gruppe „Ulbricht“ (Berlin))


3. Demontagen und Reparationen


Die Potsdamer Konferenz oder, besser Berliner-Konferenz, denn sie wurde nur aus Raummangel auf den Cecilienhof (Hohenzollern) verlegt, bekräftigte den Willen der Alliierten Deutschland zu entwaffnen und entmilitarisieren. Pläne wie der „Morgenthauplan“ wurden zwar nicht realisiert, doch die nun gesetzten Ziele waren nicht weniger spektakulär.

Die Auflösung der I.G. Farben, dem größten deutschen Chemiekonzern, in seine Einzelfirmen war die wohl größte Maßnahme zur Dezentralisierung der deutschen Wirtschaft.

3.1 Die Demontagen

Für den Umfang der Demontagen wurden Höchstgrenzen festgelegt, die den mittleren Lebensstandard in Deutschland erhalten sollten.

Insgesamt 18 Staaten erhoben Reparationsanspruch, diese wurden teilweise unsinnig und chaotisch geltend gemacht. In der Praxis entnahm jedoch jeder Besatzer das, was er für nötig hielt. Die Sowjetunion entzog ihrer Besatzungszone Geld- und Sachwerte im Umfang von 66 Mrd. Dollar. Das stellte das Sechsfache des auf Jalta geforderten dar. Die Industrieanlagen wurden in der Sowjetischen Besatzungszone bis 1947 um 40% reduziert.

Auch die Westmächte erhoben Reparationen, führten aber deutlich weniger Demontagen durch, doch stellten die Amerikaner diese bereits 1946 und die anderen Westmächte 1951 ein. Im Westen wurde der Anlagenstand von 1939 wiederhergestellt.

3.2 Die Reparationen

Die Sowjets sahen in der personellen Reparationen die beste Sühneleistung. Sie empfanden die Zwangsarbeit der Kriegsgefangenen, von denen die letzten erst 1955 zurückkehrten, als selbstverständlich und rekrutierten deutsche Wissenschaftler, die dann maßgeblich am Bau der russischen Atombomben beteiligt waren.

Auch die Amerikaner schöpften personelle Ressourcen ab. Sie setzten bereits 1944 „Headhunters“ in Deutschland ein, die besetzte Gebiete nach Wissenschaftlern durchkämmten und nach Amerika brachten. Ein Beispiel dafür ist Wernher von Braun (Raketentechniker), dem es auf Grund wissenschaftlichen Ambitionen gleich war für welche Art von Regime er forschte.


4. Der Nürnberger Prozess


Durch den bereits 1945/46 entstehenden Konflikt zwischen der Sowjetunion und den Westmächten, war der Wille Deutschland nach dem Krieg zu demokratisieren, bestrafen und umzuerziehen geschwächt. Den Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess durchzuführen war man aber entschlossen.

Im November 1945 trat der internationale Militärgerichtshof zum ersten mal zusammen. Die Verhandlungen waren von der deutschen Öffentlichkeit jedoch kaum wahrgenommen worden, da die Menschen viel zu sehr mit Problemen des Alltags beschäftigt waren. Das „Abkommen über die Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher der europäischen Achse“, das von 23 Staaten am 8.8.1945 in London unterzeichnet wurde, stellte die juristische Grundlage für die Prozesse dar.

Die Vorbereitungen für die Prozesse liefen bereits durch die von den Vereinten Nation eingesetzte „War Crimes Commission“.
Die vier Straftatbestände, die den Verfahren zu Grunde gelegt wurden waren:

1) Verschwörung gegen den Frieden
2) Verbrechen gegen den Frieden
3) Kriegsverbrechen und
4) Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Die Hintergründe des Prozesses waren zwar verschieden, doch bei einem war man sich einig, nämlich dass der Angriffskrieg durch die Deutschen nicht ungesühnt bleiben durfte und der erste Versuch zur Anklage der Kriegsschuldigen in der Weltgeschichte nicht unversucht bleiben sollte.

Abgeurteilt wurde im Namen der Vereinten Nationen.
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4.1 Die Angeklagten

Angeklagt waren 21 Mitglieder der Führungselite des 3. Reiches. Die Zahl erscheint deshalb so gering, weil sie die Einzigen waren, die sich nicht durch Selbstmord oder Flucht der Anklage entzogen haben.
Die Angeklagten waren:
- Hermann Göring (Reichsmarschall)
- Rudolf Heß (Stellvertreter des Führers)
- Joachim von Ribbentrop (Außenminister)
- Wilhelm Keitel (Chef des OKM der Wehrmacht)
- Ernst Kaltenbrunner (Chef des Reichssicherheitshauptamtes)
- Alfred Rosenberg (Reichsminister der besetzten Ostgebiete)
- Hans Frank (Generalgouverneur für Polen)
- Julius Streicher (Herausgeber des „Stürmer“)
- Walther Funk (Wirtschaftsminister)
- Karl Dönitz (Großadmiral, Nachfolger Hitlers)
- Ernst Raeder (Chef der Kriegsmarine)
- Baldur von Schirach (Reichsjugendführer)
- Fritz Sauckel (Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz)
- Wilhelm Frick (Innenminister)
- Albert Speer (Rüstungsminister)
- Alfred Jodl (Chef des Wehrmachtsführungsstabes)
- Arthur Seyß-Inquart (Reichskommissar für die Niederlande)
- Constantin von Neurath (Reichsprotektor für Böhmen und Mähren)
- Hans Fritzsche (Rundfunkkommentator)
- Hjalmar Schacht (Reichsbankpräsident)
- Franz von Papen (Verantwortlicher für die Machtergreifung)
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Ebenfalls vorgesehen waren Robert Ley (Chef der deutschen Arbeiterfront), der in Nürnberger Haft Selbstmord beging, Martin Bormann (Sekretär Hitlers), der sich bereits in Berlin selbst richtete, und der verhandlungsunfähige Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, für den der seit 1943 als alleiniger Inhaber tätige Alfried Krupp von Bohlen und Halbach stellvertretend auf die Anklagebank gesetzt wurde.

Weiterhin angeklagt wurden sechs Organisationen: die Gestapo, das Korps der politischen Leiter der NSDAP, die SS, die SA, die Reichsregierung, der Generalstab und das Oberkommando der Wehrmacht. Die drei erstgenannten wurden als verbrecherisch deklariert und 12 der Angeklagten am 16.10.1946 hingerichtet.
Göring gelang (wahrscheinlich mit Hilfe eines amerikanischen Bewachers) der Selbstmord durch Gift vor seiner Hinrichtung.
Sieben Angeklagte wurden zu langen Haftstrafen verurteilt und 3 Angeklagte, vermutlich zur Veranschaulichung der Gerechtigkeit des Prozesses, freigesprochen.

Die Asche der Gehängten wurde damals an einem geheimen Platz verstreut (Conwentzbach, ein Nebenfluss der Isar bei München) um kein Pilgerzentrum an dieser Stelle zu errichten.
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4.2 Weitere Prozesse

In ehemaligen Deutschland bzw. in den von Deutschen besetzten Gebieten liefen diverse weitere Prozesse. Die Amerikaner klagten z.B. in Dachau gegen das dortige KZ-Personal, die Briten in Lüneburg und die Franzosen gegen Gauleiter Wagner.
Die Sowjets urteilten ebenfalls Personen ab. 10000 von ihnen wurden 1950 an die DDR ausgeliefert. 1947 wurde Rudolf Höß (Kommandant von Auschwitz) in Polen verurteilt.
1948 begannen unter amerikanischer Führung die Nachfolgeprozesse gegen Juristen, Ärzte, Euthanasiepersonal und Militärs.

Parallel zum Nürnberger Prozess lief in Deutschland die Massenentnazifizierung an, die vom beginnenden Kalten Krieg nicht unbeeinflusst blieb, denn trotz beschlossener Direktiven machte jeder Besatzer in seiner Zone was er für richtig erachtete.

5. Fragebögen und Persilscheine – Die Entnazifizierung


Die Amerikaner gingen in ihrer Besatzungszone besonders hart vor. Zunächst war nur geplant Schlüsselfiguren des Regimes zu entfernen, doch mit dem Beschluss JCS 1067 vom April 1945 wurden alle „aktiven“ Nationalsozialisten ins Auge gefasst.
Bis Anfang August wurden bereits 80.000 Personen pauschal inhaftiert („automatical arrest“). Weitere 70.000 wurden entlassen.
Am 7. Juli wurde dann festgelegt, dass jeder Inhaber einer Schlüsselposition einen Fragebogen mit 131 Einzelfrage zu beantworten hat.



5.1 Verfahren der Amerikaner

Im Zuge der Entnazifizierung stellte man mit Überraschung fest, dass sich viele Mitläufer sehr solidarisch mit den NS-Aktivisten zeigten. Die Ursache lag darin, dass die Amerikaner unmittelbar nach dem Krieg eher als Besatzer und nicht als Befreier erachtet wurden.
Der „Fragebogen“ selbst diente als Mittel das „NS-Problem“ personell zu erfassen und die wirklich Schuldigen somit auszumachen.
Den Fragebogen beantworten mussten alle über 18 Jahren.
Weiterhin wurde festgelegt, dass alle, die der NSDAP vor dem 1. Mai 1937, also dem In-Kraft-Treten des Reichsbeamtengesetzes, beigetreten waren, die Amtsträger der Partei und aller NS-Organisationen, Offiziere und Unteroffiziere der Waffen-SS, SA, NS-Kraftfahrer- und Mitglieder des Fliegerkorps, sofort zu entlassen sind. Gleiches gilt für die Mitglieder der SS und SA, die vor 1933 eingetreten sind („alte Kämpfer“).
Hohe Beamte und Industriemanager fielen ebenfalls in diese Regelung.

Die Fakten machen deutlich wie rigoros die Amerikaner vorgingen. Eine Ursache dafür liegt in der Meinung, die vom amerikanischen Volk vertreten wurde, dass dies eine Chance zur Wiedergutmachung der Fehler nach dem 1. Weltkrieg war.
Dennoch wurden 55% der Verwaltungsangestellten zum Aufbau neuer Strukturen übernommen. Ein funktionierender Verwaltungsapparat war für die Besetzer unverzichtbar, hemmte aber die Entnazifizierung.

5.2 Spruchkammern

Auf Grund des Druckes aus den eigenen Reihen waren die Amerikaner gezwungen, bereits ein Jahr nach der Kapitulation, die Entnazifizierung in deutsche Hand zu übergeben, jedoch die Führung zu behalten.
Das „Befreiungsgesetz“ bildete die dazu nötige Grundlage und wurde bis 1947 in allen westlichen Besatzungszonen eingeführt. Im Zuge dieses Gesetzes entstanden die sog. Spruchkammern, deren Aufgabe die Auswertung der Fragebögen war.
Es wurde in 5 Kategorien unterschieden:

I. Hauptschuldige
II. Belastete (hauptsächlich Parteimitglieder)
III. Minderbelastete
IV. Mitläufer
V. Entlastete

Die Spruchkammern hatten insgesamt 20000 Mitarbeiter.
Im Gegensatz zu einem rechtsstaatlichen Verfahren war der Angeklagte hier dazu verpflichtet seine Unschuld zu beweisen.
Die Sühneleistungen für den Einzelnen wurden ebenfalls von den Kammern festgelegt und bedeuteten meist Arbeitslager, Geldstrafe oder den Verlust der Versorgungsansprüche.
Entlastet war nur, wer nachweislich lediglich formelles Mitglied einer NS-Organisation war oder am Widerstand mitwirkte.
Gegen die Urteile war eine Berufung möglich.

Im Zuge des Unwillens der Deutschen sich wirklich mit dem Nationalsozialismus auseinander zu setzen und dem entfachenden Kalten Krieg, der das Interesse der Amerikaner ablenkte, entstand eine Flut der Mitläufer. Es wurden Unmengen an „Persilscheinen“ (Entlastungsbescheide) ausgestellt.
Im Januar 1948 wurde in den USA beschlossen die Entnazifizierung so schnell wie möglich zu beenden. So wurden die meisten Verfahren 1949 eingestellt und nur für besonders schwere Fälle eine Fristverlängerung erwirkt.

5.3 Britische und französische Vorgehensweisen


Im Großen und Ganzen folgten die Briten und Franzosen den amerikanischen Maximen, jedoch verlief die Durchführung bei Weitem pragmatischer. 70% der Untersuchten Personen wurden entlastet, was auf das frühe Übernehmen der Entnazifizierung durch Deutsche zu erklären ist.
Die Franzosen ließen belastete Deutsche teilweise auf ihren Posten, weil diese versprachen Frankreich zu unterstützen.
Die Bilanz, dass von 670000 Untersuchten nur 2 „Hauptschuldige“ und 284 „Belastete“ durch die Franzosen festgestellt wurden, löste sogar in Deutschen Reihen Unverständnis aus.

5.4 Die „antifaschistisch-demokratische Umwälzung“ in der sowjetischen Besatzungszone

Die Entnazifizierung verlief unter den Sowjets weitaus konsequenter, als in den westlichen Besatzungszonen.
Das Ziel der Russen war es den faschistischern Deutschen Staat zu einem sozialistischen umzuwälzen. Besonderen Ausdruck fand dieser Wille in der „Bodenreform“.
Die „Umwälzung“ beinhaltete jedoch nicht nur die Bestrafung der Täter, sondern auch den kompletten Austausch der Führungseliten zum Aufbau eines kommunistischen Systems.
Aktive Nationalsozialisten, „alte Kämpfer“, Beamte, Lehrer und Professoren wurden sofort entlassen.
Rigoros ging man auch in der Justiz vor, so wurden allein in Sachsen 80% der Richter aus ihren Ämtern enthoben.
Ausnahmen wurden nur bei sog. „unentbehrlichen Personal“ gemacht, worunter z.B. Ärzte fielen. Freie Stellen wurden fast ausschließlich durch KPD-Mitglieder besetzt.
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Doch auch hier wurden die Fesseln seit 1946 gelockert. So plädierte Pieck (KPD-Vorsitzender) dafür NSDAP-Mitgliedern eine Bewährung zu ermöglichen, was 1947 im SMAD-Befehl 201 legitimiert wurde und der Festigung von Wirtschaft und Sozialsystem dienen sollte.

Die Entnazifizierung wurde am 26. Februar 1948 offiziell in der Sowjetischen Besatzungszone abgeschlossen.
Kurz danach gründete sich die „Nationaldemokratische Partei Deutschland“ (NDPD) und bildete das Auffangbecken für ehemalige Nationalsozialisten.

5.5 Vergleich und Bilanz

Als Schlussbilanz ist anzunehmen, dass im sowjetischen Einflussbereich ca. 200000 NSDAP-Mitglieder entlassen wurden. Entscheidender ist allerdings, der Strukturwandel in der Gesellschaft: traditionelle Besitz- und Bildungseliten wurden durch Funktionäre der unterprivilegierten Bevölkerungsschichten ersetzt, der Besitz der Junker (als Träger und Förderer des Nationalsozialismus) wurde an Landlose verteilt. Das ist der Unterschied zu den Westzonen, in denen die alten Eliten nach der Entnazifizierung wieder auf ihre alten Positionen zurückkehrten. Dies ist jedoch nicht immer bestätigt.
Ebenso im Unklaren liegen Geschichte und Wesen der sowjetischen Internierungslager, in denen bis 1950 etwa eine Viertelmillion Menschen unter katastrophalsten Bedingungen leben musste. Die Inhaftierten waren jedoch nicht nur NS-Funktionäre oder Kriegsverbrecher, sondern auch Gegner der Vereinigung von SPD und KPD.
Rund 25000 Personen wurden zudem ohne Urteil in sowjetische Lager deportiert.


6. Die Umerziehung


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In Folge des 2. Weltkrieges sollte nicht nur die Bestrafung der Schuldigen im Vordergrund stehen, sondern auch eine Umerziehung des deutschen Volkes in Richtung Demokratie vollzogen werden. Über diesen Punkt waren sich alle Alliierten einig, doch die Umsetzung teilte die östliche Besatzungszone von den Westlichen.
Als Begründung zur Umerziehung wurde angebracht, dass das deutsche Reich seit Jahrhunderten einen Sonderweg in Europa gegangen sei und sich immer von demokratischen Strukturen abwandte. Dieser Gedanke sei immer noch so fest in den Deutschen manifestiert, dass eine Veränderung unumgänglich sei.
Neben der Entnazifizierung war das Bilden von Parteien und Gewerkschaften eine der ersten Maßnahmen durch die Alliierten, wobei die Sowjets bereits einen Monat nach der Kapitulation den Anfang machten.

6.1 Umstrukturierung von Justiz, Wirtschaft, Bildungswesen und Kultur


In allen Besatzungszonen herrschte nach dem Krieg eine politische und wirtschaftliche Aufbruchstimmung und das nicht nur von den Arbeiterparteien, sondern auch von den christlich-demokratischen Lagern. Die Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) forderte sogar die Sozialisierung der Wirtschaft. Als Mittel dazu sah man die Verstaatlichung der Industrien und eine Neuordnungen der Eigentumsverhältnisse.

Fast noch wichtiger, als die Wirtschaft war den Alliierten die Demokratisierung der Kultur. Eine Reformation von Bildungswesen, Presse und Rundfunk sollte umgesetzt werden. Den ersten Schritt machten auch hier die Sowjets mit der Einführung von Einheitsschulen, für die Lehrer in Kurzlehrgängen ausgebildet wurden. Erst Ende 1949 wurde ein Hochschulstudium für Lehrer wieder Pflicht.
Ebenso schnell bauten die Sowjets ein neues Gerichtssystem auf, indem sie juristische Laien in Schnellkursen zu „Volksrichtern“ ausbildeten.
Die Franzosen gingen ebenso drastisch vor und versuchten radikal ihr Schulsystem einzuführen. Die Amerikaner setzten auf die „Gesamtschule“, da diese zur Demokratisierung am Besten geeignet schien.

Auch die Filmindustrie wurde sehr früh in die Umerziehung einbezogen. Dokumentarfilme über deutsche Gräueltaten an der Front oder in KZ zeigten jedoch kaum Erfolg, meist wurde eher das Gegenteil in der Bevölkerung erreicht.
Mehr Erfolg hatten amerikanische Filmimporte und der Neuaufgebaute deutsche Rundfunk und die umstrukturierte Presse.

6.2 Die Änderung der Besatzungspolitik

Den größten erzieherischen Erfolg konnten die Westalliierten dadurch verbuchen, dass sie im Zuge des sich entwickelnden Kalten Krieges und in der Gewissheit auf „ihre Deutschen“ angewiesen zu sein, ihre Besatzungspläne 1946 änderten und sich von strikten Teilungsplänen abwandten und ein politisch und wirtschaftlich souveränes Deutschland in Aussicht stellten (Marshallplan 1947).

Im Zuge der Berlinkrise 1947/48 wuchsen die Westmächte immer enger zusammen und bezogen auch Deutschland mehr und mehr in ihre Politik mit ein.
Die „Amerikanisierung“ der deutschen Kultur und somit das Identifizieren mit amerikanischem Gedankengut, war auf den „Kulturhunger“ der Deutschen nach der Zensur des 3. Reiches zurückzuführen.

7. Die Frage des staatlichen Neubeginns in Deutschland

Das große Ziel der Entnazifizierung wurde in den Besatzungszonen zu einem „gescheiterten Experiment“ erklärt. Die Hauptursache dafür war der Zerfall der Kriegskoalition in Folge der Niederlage des Deutschen Reiches. Deutschland wurde geteilt und in allen Zonen war man zu sehr auf die Deutschen angewiesen, als dass man die umfassende Bestrafung aller Schuldigen unbeeindruckt von dem sich entwickelnden Kalten Krieg hätte weiterführen können.

7.1 Die „Renazifizierung“ und Restauration

Dass die zunächst angepeilte umfassende Entnazifizierung vor dem Hintergrund des Kalten Krieges nicht mehr opportun war, wurde vor allem während der Nürnberger Nachfolgeprozesse in Westdeutschland gegen deutsche Generäle deutlich.
Der Prozess gegen Generalfeldmarschall Erich von Manstein (1949) wurde beispielsweise gegen den Willen der Deutschen Bevölkerung und alliierter Politiker geführt.
Die beklagte „Renazifizierung“ fand jedoch im behaupteten Maße nicht statt.
Zweifellos rückten ehemalige Nationalsozialisten wieder in politische Machtpositionen, doch sie betätigten sich nicht in neofaschistischen Organisationen. Die bekanntesten Fälle sind die des Staatssekretärs Hans Globke und des Bundesvertriebenenministers Theodor Oberländer.
Die Entwicklung der Bundesrepublik verlief in den 50er Jahren restaurativ und befürchtete faschistische Übergriffe blieben größtenteils aus, was auf die rasche politische und ökonomische Stabilisierung zurückzuführen ist.

Die Sowjets waren in der Entnazifizierungspraxis weitaus konsequenter als die Westzonen, allerdings blieb die Demokratisierung dabei auf der Strecke. Dafür setzte eine neue Diktatur durch die Diktatur der SED ein, welche 1946 durch den Zusammenschluss von SPD und KPD gegründet wurde.

Diese Unterschiede in der Besatzungspolitik waren, vor dem Hintergrund des Einsetzenden Ost-West-Konfliktes, die Ursache für die deutsche Teilung.

Weder die Sowjetische Besatzungszone und nachfolgend die DDR noch die Trizone und die aus ihr entstandene Bundesrepublik waren zunächst so selbstständig, dass sie jenseits der Vorgaben der jeweiligen Besatzungsmacht eine eigenständige Politik betreiben konnten.


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8. Literaturangabe


1. © F.A. Brockhaus GmbH, Leipzig: Brockhaus-Bibliothek, Weltgeschichte seit 1945. Mannheim 1 1999

2. © F.A. Brockhaus GmbH, Leipzig: Brockhaus-Bibliothek, Weltgeschichte 1890 - 1945. Mannheim 1 1999

3. © F.A. Brockhaus GmbH: Brockhaus-Enzyklopädie, Bd. 10. Mannheim 18 1989

4. © F.A. Brockhaus GmbH: Brockhaus-Enzyklopädie, Bd. 15. Mannheim 18 1989

5. © F.A. Brockhaus GmbH: Brockhaus-Enzyklopädie, Bd. 17. Mannheim 18 1989

6. © F.A. Brockhaus GmbH: Brockhaus-Enzyklopädie, Bd. 13. Mannheim 18 1989
Zuletzt geändert von Czury am 03.03.2003, 14:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Wever
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Beitrag von Wever »

Hallo Czury!

Zwar könnte ich nicht überall zustimmen, aber das ist eine gute Hausarbeit. So ziemlich alle wesentlichen thematischen Fäden sind kurz und knapp angesprochen worden. Da der Titel der Arbeit ausdrücklich die 50er einschließt, wäre vielleicht noch kurz das Thema "Wiederbewaffnung" anzusprechen gewesen.

Herzliche Grüße
Wever
"Es gibt eine Form von Toleranz beim Menschen, die nichts anderes ist als ein Mangel an Würde." Joseph Schumpeter
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Czury
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Beitrag von Czury »

Naja, ich ändere die Überschrift nochmal, denn es geht hauptsächlich um die Bestrafung der Kriegsgegner und die Umstrukturierung durch die BEsatzer!
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Donald

Hausarbeit

Beitrag von Donald »

Hallo,

es wäre nett, wenn du mal schreiben würdest, für welche Klasse/Level diese HA entstanden ist.

Ich wundere mich vorallem über die Bibliographie. Nur mit dem Brockhaus zu arbeiten ist doch etwas reichlich dünn, oder?

Trotzdem ne gute Arbeit.

Donald
Luede
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Beitrag von Luede »

Ja, nur Brockhaus ist etwas dünn. Wo bleibt denn das altbekannte Encarta, das jede Hausarbeit gleich halbsoschwer macht :D
Viele Lehrer sehen es nicht gerne, wenn Encarta verwendet wurde, darum hast du es lieber weggelassen, wa? :D
Dass du das Internet nicht genutzt hast, fällt mir auch schwer zu glauben. Wenigstens für vernünftige Bilder, die man in den Anhang legt oder eine PPT Präsentation draus macht, braucht man das Internet.
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Beitrag von Czury »

.....sorry leute, aber ich hab wirklich nur die angegebenen Quellen genutzt.
Wenn ihr die Bücher kennen würdet (insbesondere die ersten Zwei) wüsstet ihr, dass das nicht "zu dünn" ist.
Die Bände sind echt gut und sehr ausführlich.

Die Hausarbeit war für nen Geschichts-Leistungkurs Klasse 13 und wurde mit 14 Punkten (entspricht 1° ) bewertet :D
.-=Czury=-.

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Donald

Hausarbeit

Beitrag von Donald »

Hallo,

meine Frage war nur interessehalber gestellt. Ich finde die Arbeit wirklich ganz passabel. Für einen Leistungskurs Geschichte ist die Arbeit meiner Meinung nach wirklich ok, ich hätte dort aber wirklich ein paar ausführliche Quellen erwartet. Seis drum, meinen Glückwunsch zur Note.

By the way - Es gibt Leute, die lehnen den Brockhaus als generell "nicht zitierfähig" ab.

Zum Thema Encarta und Internet nutzen: Auch Geschichtslehrer haben Ahnung vom Netz und kennen die einschlägigen Seiten und Ezyklopädien. :wink:

Donald
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Beitrag von Czury »

kein problem ;)
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