Die Schlacht von Dien Bien Phu

Hier wird über Kriegskonflikte, Schlachten und Waffen der Neuzeit diskutiert.
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Ralf 207
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Die Schlacht von Dien Bien Phu

Beitrag von Ralf 207 »

Stefan Kühner

Die Schlacht von Dien Bien Phu

Das Ende des französischen Kolonialismus in Vietnam vor 50 Jahren

Che Lan Vien: Das Geräusch der Schaufeln in Dien Bien PhuJede Nacht hat eine Anzahl Soldaten hier ihr Fleisch und Blut geopfert,Damit, bis zum Morgen, die Schützengräben ein wenig weiter vorrücken.Zum Sieg trug das Grollen der Artillerie bei, das zum Himmel aufstieg,Aber auch das bescheidene Geräusch der Schaufeln.* Che Lan Vien (1920–1989) gehört zu den bekanntesten Dichtern VietnamsAm 7. Mai 1954 abends gegen 17 Uhr, kurz bevor die Truppen des Viet Minh den innersten Kreis der Festung von Dien Bien Phu stürmen, hißt der Festungskommandierende, Oberst de Castries, die weiße Fahne auf seinem Kommandobunker. Eine 55 Tage dauernde Schlacht war zu Ende gegangen und die Zeit der Kolonialmacht Frankreich in Vietnam endgültig abgelaufen. Kolonialmacht Frankreich1885 hatte Frankreich Vietnam vollständig als Kolonie unter seine Macht gebracht. Das Land wurde, wie andere Kolonien auch, systematisch ausgeplündert. Der Widerstand ließ sich aber trotz aller Gewalt der Kolonialisten niemals völlig unterdrücken. Am 2. September 1945 proklamiert Ho Chi Minh in Hanoi vor Tausenden jubelnden Menschen die Demokratische Republik Vietnam (DRV) und die Unabhängigkeit des Landes. Bereits wenige Tage nach dieser Proklamation landete jedoch, unterstützt durch britische »Ordnungstruppen«, erneut ein französisches Expeditionskorps in Saigon. Es folgte ein erbitterter Kolonialkrieg.Die Befreiungsbewegung Vietnams, der Viet Minh, hatte Anfang der fünfziger Jahre eine eigene gut organisierte Volksarmee für die DRV aufgebaut, die technisch von China unterstützt wurde. Zusammen mit laotischen Befreiungskräften der Pathet Lao befreiten die Viet Minh 1951/52 weite Teile des Nordens. Frankreich hielt im Nordwesten nur noch eine Stellung – nahe der laotischen Grenze in Lai Chau. Weitere Stellungen waren im Delta des Roten Flusses bei Ninh Binh. Die Kolonialmacht Frankreich spürte, daß die Kräfte des Viet Minh weiter wuchsen. In dieser Situation entsandte die französische Regierung im Frühsommer 1953 einen neuen General als Oberbefehlshaber nach Vietnam. General Henri Navarre, zuvor beim Oberkommando der Alliieren Streitkräfte in Westeuropa stationiert, sollte in Vietnam die Zusammenarbeit von Viet Minh und Pathet Lao unterbinden und vor allem die Volksarmee der DRV so schwächen, daß es Frankreich gelingen würde, Vietnam dauerhaft in die Französische Union einzubinden. Ho Chi Minh sollte durch die Schwächung seiner Armee gezwungen werden, in Verhandlungen die Vorherrschaft Frankreichs zu akzeptieren.Der Plan CastorDer Plan von General Navarre sah vor, die vietnamesischen Truppen in eine große Feldschlacht zu zwingen, in der Frankreich seine Überlegenheit an Waffen einsetzen wollte, um die Armee aus zerlumpten Befreiungskämpfern, die sonst nur aus dem Dschungel heraus operierten, niederzukämpfen. Zusätzlich sollte ein Sperrriegel parallel zur Grenze von Nordlaos und dem Nordwesten Vietnams die Zusammenarbeit der Befreiungsarmeen von Vietnam und Laos unterbinden. Navarre suchte sich als Endpunkt für den Sperrriegel und als Ort für die Entscheidungsschlacht die Kleinstadt Dien Bien Phu aus, einen verlassenen Außenposten der französischen Kolonialarmee, fast an der Grenze zu Laos. Der zweite Endpunkt, zirka 100 Kilometer nördlich, sollte die französische Garnison Lai Chau sein.Navarre begann zügig mit dem Ausbau Dien Bien Phus zu einer großen Festung, umgeben von einer Anzahl Außenposten. Dien Bien Phu lag am Ende einer 16 Kilometer langen und acht Kilometer breiten Talmulde, die von bis zu 1000 Meter hohen Bergketten umgeben war. Auf dieser Ebene, so Navarre, sollte der Viet Minh mit Artillerie, Panzern und Flugzeugen gestellt und aufgerieben werden. Am 20. November 1953 wurden unter dem Codenamen »Castor« die ersten Fallschirmjäger über Dien Bien Phu abgesetzt. Der Aufbau der Festung erfolgte im Herbst 1953 und Winter 1954. Die gesamte Logistik der französischen Armee basierte auf der Unterstützung durch Flugzeuge. Nicht zuletzt aus diesem Grunde war die Taktik Navarres bei der übrigen französischen Militärführung in Vietnam umstritten. Vor allem der Oberbefehlshaber Frankreichs im Delta des roten Flusses, General Cogny, äußerte Bedenken. Er befürchtete, daß es schwierig werden könnte, die über Landstraßen nicht erreichbare Festung zu versorgen. In dieser ersten Phase des Aufbaus von Dien Bien Phu verhielten sich die vietnamesischen Kräfte des Viet Minh unter ihrem General Vo Nguyen Giap relativ ruhig. Nur vereinzelt störten sie aus den Berghängen heraus mit Feuer aus wenigen Geschützen den Aufbau der Befestigungsanlagen.Umzingelung und NiederlageIn Wirklichkeit allerdings waren General Giap und seine Offiziere und Soldaten alles andere als untätig. In endloser Nachtarbeit trieben sie zusammen mit Freiwilligen Kasematten in die Berghänge, bauten Höhlen und Schluchten zu Lagern aus, um Waffen und Versorgungsgüter in den Berghängen zu verstecken. Am 10. Dezember 1953 gab Giap den Befehl zum Beginn der Schlacht. Der Viet Minh griff Lai Chau an und eroberte es innerhalb von nur zwei Tagen. Er zerbrach damit das Riegelkonzept von Navarre. Die Festung von Dien Bien Phu lag nun jedoch als völlig isolierter Punkt da – ohne Landverbindung zu anderen Truppen. Der nächste große Schlag der Viet Minh gegen die Festung erfolgte am 13. März 1954. Aus den Bergen heraus griffen sie einen der Außenposten im Nordosten des Tals an und eroberten ihn innerhalb nur eines Tages und einer Nacht. Die wichtigste Landepiste wurde zerstört und riesige Vorräte an Waffen und Munition der Franzosen vernichtet. Weitere Außenstützpunkte wurden Schlag auf Schlag in den darauf folgenden Wochen angegriffen und eingenommen. Der Ring um die französischen Militäranlagen in der Talmulde Dien Bien Phus wurde immer enger. Dies brachte nicht nur die vietnamesischen Soldaten in ihren Laufgräben mit schweren Waffen immer näher an den Kern der Festung, sondern machte es auch den französischen und den amerikanischen Luftstreitkräften zunehmend schwerer, das Fort mit Munition, Soldaten, Lebensmitteln, Medikamenten etc. zu versorgen. Der Flugzeugabwehr des Viet Minh gelang es, viele Flugzeuge abzuschießen. Teile der mit Fallschirmen abgeworfenen Militärgüter landeten nicht bei den Franzosen, sondern im umkämpften Niemandsland bzw. in den vietnamesischen Truppengebieten.Anfang April spitzte sich die Situation für die Franzosen zu. Der Viet Minh hatte es geschafft, nahezu alle Außenposten zu erobern und seine Laufgräben zu den zentralen Militäranlagen der Franzosen voranzutreiben. Sie lagen so nahe gegenüber den Franzosen und deren Fremdenlegion, daß französische Überläufer aus den vietnamesischen Gräben heraus per Megaphon die demoralisierten Kolonialsoldaten zur Aufgabe aufrufen konnten. Viele Soldaten der Legion, Marokkaner, Algerier und andere gedungene Soldaten verweigerten den Kampf.Am 6. Mai 1954 waren in der Festung Dien Bien Phu nur noch wenige tausend kampffähige Soldaten. Oberst de Castries beginnt mit der Vernichtung der militärischen Dokumente und läßt weiße Fahnen nähen. Einen Tag später ist die Schlacht zu Ende und damit auch Frankreichs Rolle als Kolonialmacht. Der erste Kolonialkrieg in Vietnam hat schätzungsweise 92000 französischen Soldaten (und über 800000 Vietnamesen) das Leben gekostet. Gründe für den Sieg des Viet Minh Einer der wichtigsten Gründe für die Niederlage Frankreichs war die Fehleinschätzung Navarres bezüglich der militärischen Situation in Dien Bien Phu. Sämtliche Annahmen über den Gegner waren falsch. Navarre hatte vorausgesetzt, daß es dem Viet Minh nicht gelingen würde, schwere Geschütze und Artillerie in die Berge um Dien Bien Phu herum zu schaffen und dort größere Truppenkontingente zu verschanzen. Er war davon ausgegangen, daß es ohne Flugzeuge und motorisierte Fahrzeuge unmöglich wäre, Truppen in größerer Stärke mit Waffen, Lebensmitteln und medizinischen Hilfsgütern zu versorgen. Falsch war auch die These von Navarre, daß die DRV so gut wie keine technisch wirksamen Waffen besitze und noch weniger fähig sei, sie zu bedienen. Dazu kam die Unterschätzung des geographischen Faktors. Die Talmulde, umgeben von Bergen und nur von einer Seite her durch Flugzeuge anzufliegen, wurde zur tödlichen Falle.Die Kämpfer der Viet Minh hatten mit General Vo Nguyen Giap dagegen einen klugen und mutigen Militärführer. General Giap erkannte die Taktik des Gegners. Unsichtbar für die Franzosen, baute er mit seiner Armee getarnte Angriffsstellungen in den Bergen auf und ließ Frankreich lange Zeit in dem Glauben, daß der Viet Minh schwach sei. Auch seine Vorgehensweise, die Befestigungsanlagen von Dien Bien Phu nicht im Generalangriff zu nehmen, sondern schrittweise die Außenposten anzugreifen und einzunehmen, erwies sich schnell als erfolgreich. Auch seine Gewißheit, daß die Bevölkerung durch einen heldenhaften Einsatz ihre Befreiungskräfte unterstützen würde, war richtig und militärisch entscheidend. Selbst im Bereich des Sanitätswesens hatte Giap um Dimensionen weitsichtiger gehandelt, als sein Gegner Navarre. Giaps Freund Ton That Tung hatte mit großer Umsicht ein weit verzweigtes Sanitätswesen aufgebaut, in das vor allem die Bevölkerung der Dörfer in der Umgebung von Dien Bien Phu eingebunden war. Ein weiterer entscheidender Faktor für den Sieg lag ebenfalls außerhalb des Schlachtfeldes. Es war die enorme politische Willenskraft des Volkes, seine Freiheit zu erringen. Abertausende Männer und Frauen schleppten auf ihren Rücken, auf Büffelkarren, vollbepackten Fahrrädern den Nachschub an die Front. Andere bauten hängende Brücken, die am Tage unter dem Wasserspiegel der Flüsse abgesenkt wurden, und reparierten Nacht für Nacht die durch Regen und Bomben beschädigten Straßen. Auch die internationale Solidarität und der Widerstand gegen den Krieg in Frankreich trugen zum Sieg des Viet Minh bei. Das steigende Ausmaß der Kämpfe in Indochina hatte gegen Ende 1953 die französische Öffentlichkeit immer mehr gespalten. Die Opposition gegen den Krieg wurde immer größer. Im Februar 1954 mußte die Regierung Frankreichs akzeptieren, daß die Indochina-Frage ab April auf einer Konferenz in Genf verhandelt wird. Operation Aasgeier Angesichts der sich in Dien Bien Phu zuspitzenden Lage Ende März 1954 erkannte die französische Regierung endgültig, daß der Navarre-Plan gescheitert war und Frankreich es alleine nicht mehr schaffen konnte, den Krieg zu gewinnen. Außenminister Pleven sandte in dieser Situation den Chef des Generalstabs Ely in die USA, um diese um Hilfe zu bitten. Hilfe in jeder nur erdenklichen Form (Soldaten, Waffen, Flugzeuge), um nicht nur Vietnam zu »retten«, sondern ganz Indochina. Ely wurde in den USA von Außenminister John Foster Dulles und auch vom Präsidenten Dwight D. Eisenhower empfangen und erhielt alle von ihm erbetene Unterstützung. Die USA-Militärführung bot Ely darüber hinaus an, auf die rückwärtigen Teile der angreifenden Viet-Minh-Truppen die Atombombe abzuwerfen, um die Befreiungsbewegung auszulöschen und gleichzeitig die Unterstützung der Front durch die Bevölkerung zu unterbinden. Das Angebot trug den Kodenamen »vulture« – Aasgeier. Die USA wollten angesichts der ziemlich hoffnungslosen Lage in Dien Bien Phu dem endgültigen Einsatz der Atombombe nur unter der Bedingung zustimmen, daß auch verschiedene andere Länder, darunter England, das Vorhaben akzeptieren. England weigerte sich allerdings, diese Verantwortung zu übernehmen, und auch die US-Regierung zögerte. So blieben die Flugzeuge mit der Atombombe an Bord am Boden der US-Luftwaffenbasis Clarkfield in Manila.Genfer IndochinakonferenzBereits während der frühen Phase des Kampfes um Dien Bien Phu hatte die Regierung der DRV unter Ho Chi Minh sich öffentlich bereit erklärt, über einen Waffenstillstand mit Frankreich zu verhandeln. Frankreich und die USA lehnten anfangs den direkten Kontakt zur Regierung der DRV allerdings strikt ab. Erst im Frühjahr 1954 beugten sie sich dem internationalen Druck. Am 26. April 1954 begann in Genf eine internationale Konferenz über Korea und Indochina. An ihr nahmen auf vietnamesischer Seite die DRV sowie die Saigoner Regierung unter Bao Dai (dem letzten vietnamesischen Kaiser) teil. Weitere Konferenzteilnehmer waren die Regierungen von Laos, Kambodscha, Frankreich, Großbritannien, der USA sowie China und der UdSSR. Am 20. Juli 1954 wurde schließlich das erste Indochina-Abkommen unterzeichnet: Auf politischer Ebene wurde mit den Vereinbarungen die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unabhängigkeit der Länder Indochinas, Laos, Kambodscha und Vietnam anerkannt. Auf militärischer Ebene wurde entschieden, die Streitkräfte der DRV und der Saigoner Regierung in zwei Zonen nördlich und südlich des 17. Breitengrades zu trennen. Diese Demarkationslinie sollte aber keine politische Grenze sein. Spätestens im Juli 1956 sollten allgemeine, geheime und freie Wahlen Vietnam eine vereinigte Regierung bringen. Die USA haben dies verhindert.
Im Tode kann man keine irdischen Güter mit in das Jenseits nehmen; Es macht keinen Sinn, grenzenlos Besitz anzuhäufen.
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Sniper
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Beitrag von Sniper »

hier ein paar bilder über die schlacht von dien bien phu

Bild
eine karte mit den ausgebauten stellungen der franzosen(diese konten bis auf eines nicht gehalten werden)

Bild
vietnamesische truppen unter beschuss durch französische artillerie...

BildBild
die franzosen im schützengraben...

Bild
gefangene legionäre in indochina

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die vietnamesische fahne über dem gefallenen französischen lager
bitte nicht bei der Arbeit stören
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Danke...
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Krupp
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Beitrag von Krupp »

Hi 207

Über diesen geschichtlichen Hintergrund baue ich eine Mission.
Die meisten Angaben habe ich, würde Dich aber bei speziellen Fragen gerne konsultieren, hoffe das geht :wink:

Gruss

Krupp
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Ralf 207
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Beitrag von Ralf 207 »

Ja, Krupp
Bitte welche speziellen Fragen hast Du

MFG 207
Im Tode kann man keine irdischen Güter mit in das Jenseits nehmen; Es macht keinen Sinn, grenzenlos Besitz anzuhäufen.
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Ralf 207
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Beitrag von Ralf 207 »

Die Errichtung der Festung
Am 20. November 1953 begannen die Franzosen in der „Operation Castor“ mit 9.000 Fallschirmjägern den Talkessel nahe dem Ort Dien Bien Phu im vietnamesischen Urwald ca. 430 Kilometer nordwestlich von Hanoi, in der Nähe der Grenze zu Laos zu erobern und zu befestigen. Die Viet Minh konnten dies nicht verhindern, da ihre Truppen zu weit zerstreut waren. Bis Anfang 1954 waren 13.000 Mann in der Festung stationiert. Die Dschungelfestung Dien Bien Phu war für die Franzosen nur auf dem Luftweg zu erreichen. Sie bestand aus zehn einzelnen Festungen, die rund um die von den Truppen angelegte Flugpiste gruppiert waren. Die Truppen gliederten sich in 17 Bataillonen der Infanterie, drei Artilleriegruppen und verschiedenen Pionier-, Panzer- und Luftwaffeneinheiten. Dieses Expeditionskorps verfügte über die härtesten Kriegserfahrungen des bisherigen Indochinakrieges.
Das Lager umfasste 49 Stützpunkte, die als feste Widerstandszentren ausgebaut und in drei sich aufeinander stützende Felder unterteilt waren.
· Im Mittelfeld, gedeckt von den Widerstandszentren auf den östlichen Hügeln, waren die beweglichen Verbände, die Artilleriebatterien und die Panzereinheiten postiert. Auch der Kommandostab war hier untergebracht. In Reichweite lag das Hauptflugfeld. Dieses riesige Verteidigungssystem war auf Wällen und unterirdischen Gräben aufgebaut
Am 17. November 1953 wurde der Befehl zur Ausführung erteilt, die drei Tage später mit der Absetzung von 6 Luftlandebataillonen begann. Die dortigen VVA-Kräfte wurden schnell abgedrängt, so dass innerhalb von wenigen Wochen die Festung mit zwei Flugplätzen und 49 Stützpunkten ausgebaut wurde.
Die drei Verteidigungsabschnitte ("Sektoren") umfassten einen zentralen, einen nördlichen und einen südlichen Sektor. Der zentrale Sektor wurde in Verteidigungsräume aufgeteilt, die alle Mädchennamen erhielten. Der nördliche Sektor umfasste zwei Verteidigunsgräume, der südliche einen mit einem Ausweichflugplatz.
Ein Straßen- und Nachrichtensystem verband die drei Sektoren miteinander. Die Verteidungsräume bzw. -stützpunkte waren pioniertechnisch in Form von Bunkern, Beobachtungsständen, Grabensystemen, Draht- und Minensperren (darunter elektrisch zündbare Napalmbehälter) ausgebaut.
Die Truppen in der Festung verfügten über 10 Panzer des Typs M 24 und 14 in der Festung stationierte Flugzeuge, 24 Haubitzen von 105 mm, 4 Haubitzen von 155 mm (Schussentfernung 17,6 km) und 16 Granatwerfer zu 120 mm. Während der Schlacht haben die französischen Luftstreitkräfte 173 Kampf- und 77 Transportflugzeuge eingesetzt, darunter auch Bomber des Typs Douglas B-26 "Invader" mit einer Bombenlast von 1814 kg je Maschine.
Mit ihren fortlaufenden Verstärkungen setzten die französischen Streitkräfte am Boden etwa 16.000 Mann ein. Der Kommandeur in Dien Bien Phu war Oberst Christian de Castries, der dort zum General befördert wurde.

10.000 deutsche Fremdenlegionäre unterstützen die Kolonialtruppe
Von diesen Deserteuren gab es 1954 eine ganze Menge. Frankreich ließ den unpopulären Krieg verstärkt von Frem- denlegionären führen, fast 20.000 kämpften mittlerweile in Indochina, und jeder Zweite war Deutscher. Junge ehema- lige Wehrmachtsoldaten zumeist, die um die 20 gewesen waren, als das »Dritte Reich« in Trümmer gefallen war, und die im Chaos der Nachkriegsjahre keinen Halt mehr gefunden hatten. Ohne Arbeit, ohne Ausbildung – sie hatten oft nichts anderes gelernt als Kämpfen und Töten –, sahen sie in der Fremdenlegion einen Ausweg aus der blanken Trostlosigkeit.
Indochina jedoch bot wieder nur Tod und Entbehrung – und einen unerbittlichen Gegner, der wusste wofür er kämpfte. »Was mich fasziniert hat, war die Tatsache, dass diese jungen Soldaten, keine 22 Jahre alt, lachend für Ho Chi Minh starben. Sie kannten keine Angst vor dem Tod. Du hast sie gehasst, weil sie etwas besaßen, das du nicht verstanden und erst recht nicht begriffen hast«, erinnerte sich später ein deutscher Legionär. Der Blutzoll war hoch, bis 1953 waren schon 5.000 seiner Landsleute gefallen.
Mehrere hundert der jungen Deutschen wechselten auf die andere Seite, manche freiwillig, manche, weil sie dem harten Los der Kriegsgefangenschaft entkommen wollten. Beim Viet Minh erhofften sie sich, auch verführt durch die Propaganda von Erwin Borchers, besseres Essen, weniger Drill. Die wenigsten liefen aus Überzeugung über. Dementsprechend schwierig war es, die Deserteure bei Laune zu halten, als sie erkannten, dass Verpflegung und Unterkunft auf der anderen Seite noch dürftiger waren. Viele wollten wieder zurück, einige versuchten zu fliehen, manche wurden standrechtlich erschossen.
Erwin Borchers hatte mit seinen »Schülern« wenig gemein und für sie oft nur Verachtung übrig. Mittlerweile fast 50, gehörte er einer anderen Generation von Überläufern an, die schon Jahre zuvor zum Viet Minh gestoßen waren. Sie zählten nur eine Hand voll: Intellektuelle, Linke, Antifaschisten, von den Zeitläuften um den halben Erdball gespült.
Immer schon »vom Politischen besessen«, war der Elsässer Student und Sozialdemokrat Borchers nach Hitlers Macht- ergreifung in Frankfurt am Main zu einer Widerstandsgruppe gestoßen, für die er Flugblätter gedruckt und verteilt hatte. Nur knapp entkam er den Nazihäschern und floh nach Frankreich. Dort wollte er in die Armee, um gegen Hitler zu kämpfen, wurde aber abgelehnt, weil seine Mutter »Frankreich verraten« habe, als sie einen Deutschen heiratete. Stattdessen steckte man ihn, wie die anderen Deutschen und Österreicher auch, bei Beginn des Krieges (der Frankreich ja zunächst noch verschonte) in ein Internierungslager. Man betrachtete ihn als potenziellen Spion. Ihm und den anderen Insassen machten die Franzosen klar, dass der Beitritt zur Fremdenlegion der einzige Ausweg sei, um nicht bis Kriegsende hinter Stacheldraht zu sitzen.
Am 16. September 1939 wurde Erwin Borchers Legionär, so wie viele andere Flüchtlinge aus Deutschland auch, die in Frank- reich gestrandet waren, wie etwa der junge Rudolf Schröder. Der Kölner Soziologiestudent war 1933 nach Frankreich geflohen, weil er seinem jüdischen Professor nach dessen Absetzung durch die Nazis demonstrativ einen Blumenstrauß überreicht hatte und dann im Stürmer denunziert worden war. Hoch begabt, arbeitete er in Paris zeitweise im Auftrag des exilierten Frankfurter Instituts für Sozialforschung als Assistent, verdiente sich sein Geld aber auch als Teppichhändler und Maschinennäher. Er schloss sich der Legion an, nicht zuletzt, weil er hoffte, so gegen Nazideutschland kämpfen zu können.
Die antifaschistische Aura der Legion verflog schnell. Schon von seiner ersten Station in Algerien aus, wo er auch Erwin Borchers begegnete, schrieb er in einem Brief von der »völligen Nutzlosigkeit, Dummheit und Brutalität des Lebens des Legionärs Schröder«. Ein Jahr später waren Borchers und er auf dem Weg nach Indochina. In Vietri, 80 Kilometer nordwestlich von Hanoi, freundeten sie sich mit dem Wiener Juden und Kommunisten Ernst Frey an, der ebenfalls vor den Nazis nach Frankreich geflohen war. Die drei Freunde waren entsetzt über den Rassismus vieler ihrer Offiziere und vom politisch-militärischen Stil der Legion insgesamt. Sie gründeten eine kommunistische Zelle und nahmen heimlich Kontakt zum Viet Minh auf. Als ihnen klar wurde, dass Frankreich die Rekolonisierung Vietnams plante, entschlossen sie sich, auf die andere Seite zu wechseln.
Eines Morgens, 1945, schickte der Viet Minh eine amerikanische Limousine zur französischen Zitadelle in Hanoi und brachte die Überläufer direkt zum Hauptquartier des vietnamesischen Widerstandes. Dort warteten bereits die drei wichtigsten Helfer Ho Chi Minhs: der spätere General Giap, Pham Van Dong, der 1976 der erste Premierminister des wiedervereinigten Vietnams werden sollte, und Truong Chinh, Generalsekretär der kommunistischen Partei.
Die Überläufer kamen wie gerufen. Die Führer des neuen Vietnam waren meist junge Intellektuelle und Berufsrevolutionäre und hatten wenig Ahnung von Militärstrategie oder Verwaltungsorganisation. Ernst Frey, bei der Fremdenlegion umfassend in Kriegstaktik ausgebildet, brachte es bis zum Oberstleutnant und einem der engsten Berater von General Giap. Mehrere Jahre lang hatte er als Einziger immer Zugang zum »Gottoberst«. Die beiden Intellektuellen Borchers und Schröder erhielten führende Aufgaben bei der Propaganda, so brachten sie die erste Zeitung des Viet Minh in französischer Sprache heraus.
Der Einfluss der »neuen Vietnamesen«, wie man die Überläufer nannte, nahm allerdings schlagartig ab, als die Chinesen ins Land kamen. Mao Tse-tung schickte nicht nur massive materielle Hilfe, sondern auch Tausende Militärberater und Parteikader über die Grenze. »Der Viet Minh war vorher eine eher patriotisch-nationale Bewegung, wenngleich immer in der Hand der kommunistischen Partei, die allen Klassen offen stand«, schreibt der heute in Paris lebende Historiker Heinz Schütte, der die Geschichte der deutschen Überläufer erforscht und darüber kürzlich auf einer Tagung des Goethe-Instituts in Hanoi berichtet hat. Erst mit der Ankunft der Chinesen wandelte sie sich zu einer straff organisierten maoistischen Partei. Es kam zu Terror und Säuberungen und zu immer mehr Spannungen zwischen Überläufern und Viet-Minh-Oberen. Frey und Schröder verließen schließlich entmutigt das Land in Richtung Europa.
Erwin Borchers blieb, mittlerweile verheiratet und Vater von drei Kindern (vier weitere sollten folgen). So war er aktiv dabei, als der Viet Minh sich von einer kleinen Guerillatruppe zu einer schlagkräftigen Armee entwickelte und die Franzosen nach und nach aus ihren letzten Stellungen im Norden Vietnams vertrieb. Im Tal von Dien Bien Phu traf er Ende Februar 1954 ein. Dort herrschte noch Ruhe, die Stille vor dem großen Sturm.
16.000 Soldaten der Kolonialarmee, darunter Tausende deutsche Fremdenlegionäre, hatten sich tief in einem unendlichen Labyrinth aus Stacheldraht, Minenfeldern und Geschützstellungen eingegraben und warteten gelassen auf den Angriff des Viet Minh. Eine Woche zuvor hatte noch der französische Verteidigungsminister die Stellungen besichtigt und sie als »uneinnehmbar« bezeichnet. Was er nicht wusste: Inzwischen waren die besagten 200 schweren Artilleriegeschütze auf die umgebenden Berghänge geschafft worden, in metertiefen Stollen vor den feindlichen Flugaufklärern versteckt. Kein französischer Militär hatte das auch nur für möglich gehalten.
57 Tage dauert der mörderische Kampf, dann geben die Franzosen auf
Als General Giap am 13. März den Befehl zum Angriff gab, trommelten gleich in der ersten Nacht über 9.000 Geschosse und Granaten auf die völlig überraschten französischen Stellungen. Die ersten Außenposten fielen sofort. Die Bergfestung war zur tödlichen Falle geworden. Der Befehlshaber der französischen Artillerie schoss sich eine Kugel in den Kopf, als er begriff, dass er den Gegner dramatisch unterschätzt hatte. Unter dem Schutz des eigenen Geschützfeuers trieben die Kämpfer des Viet Minh eine Unzahl von Gräben in die feindlichen Linien, von denen aus sie die Stellungen der Franzosen überrannten. Am Ende erstreckten sich diese Stollen über 400 Kilometer. Menschenwelle um Menschenwelle schickte Giap gegen die feindlichen Stellungen – die Verluste des Viet Minh waren fast viermal so hoch wie die des Gegners. Ein Bunker nach dem anderen fiel. Verzweifelt flogen die französischen Militärs Verstärkung und Nachschub in den Kessel, doch die Schlinge zog sich immer enger.
Auch Borchers und seine Propagandatruppe kamen jetzt zum Einsatz. Zwischen zwei Granatangriffen riefen sie über Laut- sprecher die Fremdenlegionäre und nordafrikanischen Hilfstruppen auf, die Waffen niederzulegen. Allerdings ohne großen Erfolg. Der Journalist Peter Scholl-Latour lässt später einen Augenzeugen berichten, dass »am Ende nur die Fremden- legionäre, zu 80 Prozent Deutsche, und die Fallschirmjäger bis zum letzten Erdloch und bis aufs Messer gekämpft« hätten. Die Legionäre seien angetreten, »wie in einer mythischen Gotenschlacht«.
Am 7. Mai 1954, 57 Tage nachdem die erste Granate eingeschlagen war, ergab sich der letzte Kommandoposten der Franzosen. Die Schlacht war zu Ende. Der Viet Minh hatte mehr als 20.000 Mann verloren, auf französischer Seite waren über 6.000 Soldaten gefallen, darunter Hunderte von Deutschen.
Noch einmal so viele sollten in vietnamesischer Kriegsgefangenschaft an Hunger und Erschöpfung sterben. Es war der letzte französische Blutzoll in diesem Krieg. Einen Tag nach der Niederlage bei Dien Bien Phu begannen in Genf die Verhandlungen über einen Waffenstillstand, die am 20. Juli ihren Abschluss fanden. Das französische Kolonialreich in Indochina hatte aufgehört zu existieren.
Für Erwin Borchers war die Begleitung der über 10.000 Gefangenen in die Lager des Viet Minh die letzte militärische Aufgabe. Er bekam einen Posten im Propagandaministerium, später schrieb er für die DDR-Nachrichtenagentur ADN in Hanoi. 1965 zog er mit seiner Familie nach Ost-Berlin. Hier arbeitete er als Rundfunkjournalist, bis er sich 1968 zu offen für den Prager Frühling begeisterte und Schwierigkeiten mit der Obrigkeit bekam. Schließlich floh Erwin Borchers nach West-Berlin, wo er 1984 starb. Zu gerne wäre er nach Straßburg, in die Vaterstadt, heimgekehrt. Doch das ging nicht; denn dort hätte man ihn verhaftet und abgeurteilt – als Deserteur und Verräter.
Der Autor ist Journalist und lebt in Hanoi
(c) DIE ZEIT 04.03.2004 Nr.11
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Krupp
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Beitrag von Krupp »

207 hat geschrieben:Ja, Krupp
Bitte welche speziellen Fragen hast Du

MFG 207
Hi 207

Im Moment noch keine, aber falls ich welche habe, würde ich gerne auf Dich zurück greifen :wink:

Gruss

Krupp
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Ralf 207
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Beitrag von Ralf 207 »

OK Krupp

Schöne Osterfeiertage

MFG 207
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Krupp
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Beitrag von Krupp »

207 hat geschrieben:OK Krupp

Schöne Osterfeiertage

MFG 207
habe ich ganz übersehen, Danke trotzdem für die Wünsche, hab's genossen :wink:

Gruss

Krupp
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