Die Fremdenlegion

Hier wird über Kriegskonflikte, Schlachten und Waffen der Neuzeit diskutiert.
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Ralf 207
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Die Fremdenlegion

Beitrag von Ralf 207 »

Erfahrungsbericht: Ausbildung

Vor der Ausbildung ( Marseille Aubagne, Frankreich):
Grundsätzlich dauert der Vertrag zwischen Legion und dir 5 jahre, in denen man ständig weitergebildet wird. In ganz Frankreich gibt es Rekrutierungsbüros. Bei mir war es damals so, dass ich mit der Bahn nach Marseille fuhr und dort am Bahnhof zur Gendamerie ging. Natürlich dachte ich, dass sie mich jetzt ins Rekrutierungsbüro fahren, aber dem war nicht so. Ein Beamter drückte mir einen kopierten Stadtplan in die Hand, woraufhin ich mich auf den ca 3-4 Kilometer langen Weg machte. Dort angekommen machte ein deutscher Legionär auf, der als erstes meinen Pass haben wollte. Anschließend fragte er nach den Beweggründen, notierte sich ein wenig und schon ging es zur Bekleidungsausgabe, wo ich mein Gepäck abgeben durfte und einen Trainingsanzug bekam. Daraufhin wurde mir ein Zimmer zugeteilt, wobei mir ein Rumäne auch gleich zeigen durfte, wie ich mein Bett machen musste. Die ersten Tage passierte wirklich nicht viel. Man wurde ein wenig befragt, lernte Betten bauen, Hof kehren, bereitete gemeinsam den Tisch für's Essen zu und wartete, bis endlich genügend Leute für den Weitertransport nach Aubagne im Süden Frankreichs zusammen waren.
Der Transport dorthin war eine Bahnfahrt, die gar kein Ende zu nehmen schien. Im Zug hatte ich das Glück, mit ein paar Deutschen zu fahren. So konnte ich mich wenigstens unterhalten. In Aubagne wurden wir wieder in Zimmer aufgeteilt. Nun standen täglich medizinische Tests, Sport und Befragungen statt. Die meiste Zeit rannte man nur im Trainingsanzug herum. Man wurde nicht mal annähernd als Legionär betrachtet. Natürlich gab es Kommunikationsprobleme. Kameraden mit Französich-Kenntnissen sollten uns Grundkenntnisse der Sprache beibringen.
Nach etwa drei Wochen war man mit den Tests durch. Nun musste die Entscheidung getroffen werden, ob man sich für fünf Jahre verpflichtet.
Die Grundausbildung (Castelnaudary, Frankreich):
Nach drei Wochen des Wartens und der Tests kamen wir endlich zur heiß erwarteten Grundausbildung nach Castelnaudary, die 4 Monate dauern sollte. Man beachte, dass man nun eigentlich schon ca 5 Wochen hier war, zahlreiche Leute hat wieder heimfahren sehen und eigentlich noch keinen blassen schimmer ausser dem hören und sagen hatte, was es heisst Legionär zu sein.
In der viermonatigen Grundausbildung lernt der Legionär nun rund 450 Wörter in französischer Sprache, sowie zahlreiche Marschlieder. Täglich liefen wir einige Kilometer und absolvierten im Durchschnitt 150-250 Liegestütz, gefolgt von zahlreichen anderen sportlichen Betätigungen, wie Hindernisbahn oder dergleichen.
Die Ausbildung erfolgt hier eigentlich Wochenweise, wobei man mit allen möglichen Grundkenntnissen des Gefechtes vertraut gemacht wird. Der Drill beginnt meist von sehr früh bis spät nachts. Doch selbst hier wird man von den Alten nur belächelt, denn wem die Ausbildung zu hart erschien oder den Ausbildern nicht passte, der wurde oder konnte trotz des bereits unterzeichneten Vertrages jederzeit wieder heimfahren.
In der Grundausbildung putzte ich wahrscheinlich genauso viel, wie ich Liegestütz drückte. Aber die Legion legt eben Wert darauf, dass alle hier gleich behandelt werden und man sich garantiert an keinerlei Luxus gewöhnt. Gegen Ende der Grundausbildung wird nun langsam entschieden, für welche Sparte der zukünftige Legionär nun verwendet werden soll. Natürlich kann auch jeder seine Wünsche äussern. Doch sollte der nicht lauten hier in Frankreich zu bleiben, denn so gut wie jeder Legionär kommt dann erstmal für ca 2 Jahre nach Übersee. Dies soll wahrscheinlich auch verhindern, dass man sich bei nichtgefallen allzuleicht wieder absetzen kann.

Am Ende der Grundausbildung macht der Legionär nun eine mehrtägige Gefechtsübung, die mit vollem Reisegepäck abgehalten wird. In dieser Abschlussübung wird das gesamte können und erlernte des angehenden Legionärs gefordert. Es beginnt bei der Erkennung seiner körperlichen Grenzen, Schlafentzug, zahlreicher Gefechtsübungen, Dauermarsch usw. und endet darin, dass man nun endlich das heiss begehrte kepi blanc in einer feierlichen Zeremonie erhält.
Zu diesem Zeitpunkt dachte ich: "Was soll noch groß kommen? Das kepi habe ich, französisch spreche ich so einigermaßen, in der Ausbildung war ich immer vorne dabei (und bis auf eine Schlägerei fiel ich ja auch nicht besonders auf)". Also war ich in Gedanken schon am Strand von Korsika und sah mich schon mit den Naturschönheiten bei den Cocktails sitzen.
Moskitos, Schlangen und Spinnen...der Alltag im Dschungel (Kourou, Guayana):
Doch natürlich kam es anders und man fand, dass ich vorerst Dschungelkrieger werden sollte. Und so war ich nun im Flieger auf dem Weg nach Kourou in Guayana, wo ich beim 3. Regiment die nächsten 2,5 Jahre verbringen sollte. Hier wurde ich wahrhaftig zur Dschungelratte. Denn von nun an standen zahlreiche Märsche durch dichtes Gestrüpp an, verfolgt von Moskitos, Spinnen und Schlangen. Abgesehen davon lernte ich Schlangen zubereiten und schwimmen wie ein Delphin. Was wollte ich mehr? Mein Abenteuer hatte ich ja nun! Natürlich ging auch diese Zeit mal vorbei. Ich wurde langsam aber sicher ein voller Legionär mit den üblichen Sauf- und Damenabenden. Nach der Dschungelausbildung wurde man viel auf Patroulien geschickt, um Goldgräber, Drogenbauern oder sonstiges aufzuspüren.
Doch ich wollte noch immer mehr sein als nur Legionär. Ich wollte einfach zu der Elite der Legion gehören.

Der weitere Verlauf (Tschad ):
Nach gut 3,5 Jahren kam ich nach Afrika, wo ich auch meine ersten Kampfeinsätze hatte. Diese waren, um die Zivilbevölkerung und die in erster Linie dortigen franz. Staatsbürger zu schützen. In Afrika sollte ich nun auch 4 Monate bleiben (genauer gesagt in Tschad).

Schlussworte:
Im Allgemeinen muss ich sagen, dass die Ausbildung sehr gut war und die Kameradschaft über alles gepflegt wird. Die Legion gehört sicher zu den modernsten und best motiviertesten Eingreiftruppen die Frankreich oder besser noch, die Welt kennt.
Man muß Leiden um Legionär zu werden, doch wer in der Legion sein bestes gibt, dem wird auch sie sehr viel geben. Wer allerdings nur hierher kommt, um Rambo zu spielen, der wird an ihr zerbrechen!
Zu viele habe ich gesehen, die flüchten wollten oder dem Leben ein Ende gemacht haben, weil sie dem Druck nicht standhielten. Darum sollte sich jeder im Klaren sein, dass es 5 Jahre sind, ohne in den zumindest ersten 2,5 Jahren Kontakt zu seiner echten Familie zu haben, ohne heiraten zu können und ohne sagen zu können "ich will nicht mehr!!"
Wer das Abenteuer sucht und sich einiger Punkte gewiss ist, der wird eine Familie finden auf die er bauen kann. Trotzdem bedeutet "Abenteuer"-Legion auch Gefahr und so mancher verliert durch die Fremdenlegion sein Leben!
Im Tode kann man keine irdischen Güter mit in das Jenseits nehmen; Es macht keinen Sinn, grenzenlos Besitz anzuhäufen.
Ciceri
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Beitrag von Ciceri »

sehr guter Beitrag!
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Ralf 207
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Beitrag von Ralf 207 »

Danke Schön

Mfg ralf
Im Tode kann man keine irdischen Güter mit in das Jenseits nehmen; Es macht keinen Sinn, grenzenlos Besitz anzuhäufen.
Ciceri
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Beitrag von Ciceri »

Wenn ich noch fragen darf, welche Jahre waren das, in der du bei der Fremdenlegion warst?

Gruß Ciceri
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Ralf 207
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Beitrag von Ralf 207 »

von 1981 bis 1986

mfg ralf
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GeorgiSchukow
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Beitrag von GeorgiSchukow »

Wie ist es eigentlich nach dem aktiven Dienst,bist du ausgetreten,oder wie darf ich das verstehen?

Ausgezeichneter Beitrag

mfg
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Ralf 207
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Beitrag von Ralf 207 »

was für eine frage ?

mfg ralf
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SFO_Clyde
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Beitrag von SFO_Clyde »

Ein sehr schöner Beitrag!

Muss mal paar Fragen stellen:
Hat sich denn die Legion zum Zeitpunkt im Gegensatz zu den 50er Jahren (was die Ausbildung und Härte betrifft) stark verändert? Klar, die Aurüstung ist moderner geworden (sehe ja auch die Dokus aus Frz. Guyana), aber kann mir vorstellen das es immer noch ein "Handwerksjob" wie vor 50 Jahren ist.
Als Legionär hat man nach seiner aktiven Laufbahn ja das Recht, die frz. Staatsbürgerschaft anzunehmen und auch in einer gemeinsamen Unterkunft (quasi sowas wie ein Altenheim) mit anderen Ehemaligen zu wohnen (unentgeldlich). Trifft das nur für die "ausländischen" Legionäre oder dürfen das auch die Franzosen?
Und letzte Frage:
Wie sieht es eigentlich mit der Tradition aus, hat man irgendwie noch Kontakt zu Vietnam (ehem. Indochina)? Wird da noch viel darüber berichtet (also unter Legionären so wie du, der mit diesem Land keinen Kontakt hatte)? Kannte da mal einen sehr, sehr nahestehenden Zeitzeugen der 52-54 in dem Land war (zum Glück nix mit der Schlacht von Dien Bien Phu zu tun hatte).
Mir wurde dann berichtet das Ehemalige jederzeit willkommen sind und sehr gerne Aubagne besuchen und sich mit Aktiven unterhalten können (vorzugsweise Offiziere wie ich mitbekommen habe). Hattest du auch Kontakt mit ehem. "Vietnam" Veteranen?

Danke im Voraus


SFO_Clyde
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