Im Spätherbst 1944 gelang es der 1. US-Armee nach wochenlangen harten Kämpfen, Aachen als erste deutsche Stadt zu nehmen, 96 Tage nach der Landung in der Normandie standen die Alliierten damit auf deutschem Reichsgebiet.
Ihr Vormarsch hatte sich zu einer Verfolgung entwickelt, bereits am 11. September 1944 standen sie an einer Linie, die nach ihren eigenen operativen Planungen erst am 2. Mai 1945 erreicht sein sollte.
Die Gründe dafür lagen in der raschen Niederwerfung der deutschen Kräfte bei Avranches (3.07.1944) und in der Kesselschlacht von Falaise (13.-20.8.1944), diese Zerschlagung im wahrsten Sinne des Wortes war zurückzuführen auf die verfehlten deutschen Abwehrmaßnahmen während und unmittelbar nach der alliierten Landung.
Auch auf die erdrückende Luftüberlegenheit der Amerikaner und Briten, denen die deutsche Luftwaffe praktisch nichts mehr entgegenzusetzen hatte, war entscheidend.
Nicht zuletzt kam auch die allgemeine Überlegenheit, insbesondere an Panzern und Kraftfahrzeugen aller Art sowie an Betriebsstoff und Munition, hinzu, welche die Unerfahrenheit der amerikanischen Truppen mehr als ausglich.
Nach den oben aufgeführten Schlachten in Nordfrankreich hatten die beiden kampfkräftigsten deutschen Großverbände, das I. und das II. SS-Panzerkorps, nur noch die Stärken von Kampfgruppen mit wenigen einsatzbereiten Panzern und Geschützen, bei den anderen deutschen Verbänden sah es womöglich noch schlechter aus.
Mit diesen, den alliierten Bombenteppichen entkommenen Resten des deutschen Westheeres war der Sturmlauf der Amerikaner, Briten und Kanadier nach Osten nicht mehr aufzuhalten.
In dieser für die Alliierten unerwartet günstigen Lage schienen die Voraussetzungen für den Durchbruch aus dem Raum Aachen in die niederrheinische Tiefebene bei Köln gegeben und damit die Aussicht, die Waffenschmiede des Deutschen Reiches, das Ruhrgebiet, rasch in die Hand zu bekommen.
Der erste Schritt dazu war die Inbesitznahme des Ruhr-Abschnittes südlich von Düren, zumal angenommen wurde, dass das Wasser der Ruhr-Talsperre besonders für die Energie- und Stahlerzeugung unerlässlich sei.
Für die Weiterführung ihrer Offensive setzten die Alliierten die 1. und die 9. US-Armee sowie Teile der 2. britischen Armee mit insgesamt siebzehn Divisionen ein.
Auf dem Höhepunkt der sich nun entwickelnden Schlacht wurden im Zentrum des Angriffs zehn amerikanische Divisionen auf vierzig Kilometer Breite zusammengeballt, wobei der Schwerpunkt im Hürtgenwald und südlich davon lag, einem Geländeabschnitt, den die Amerikaner völlig falsch beurteilten. Hinzu kam in jenem Herbst ein ungewöhnlich trübes, nasskaltes Wetter mit starken Niederschlägen, die alliierte Luftwaffe konnte deshalb kaum in die Kampfhandlungen eingreifen, die Panzer blieben in dem aufgeweichten Gelände stecken und es kam in der Folgezeit zu Kämpfen, bei denen das Material eine vergleichsweise geringe Rolle spielte, Moral und Standhaftigkeit des einzelnen Soldaten dagegen eine um so größere.
- Karte mit Hürth oben rechts.
Der Hürtgenwald gehörte damals zu den dichtbewaldetsten Mittelgebirgen Deutschlands, durchzogen von Schluchten und tiefen Einschnitten mit reißenden Wildbächen, kleineren Flüssen und vor allem einem fast undurchdringlichen Unterholz sowie zahllosen sumpfigen Flächen.
Am 2. November 1944 um 8.00 Uhr setzte ein Feuerschlag amerikanischer Artillerie ein, der nur mit dem von Verdun während des 1. Weltkrieges und dem von Sewastopol während des II. Weltkrieges zu vergleichen ist, die frische 28. US-Division griff danach mit drei Regimentern (109., 110. und 112.) über den Weisser-Wehe-Bach nach Osten an.
Wenige Tage zuvor hatte sie in diesem Abschnitt die 9. US-Division abgelöst, die zerschlagen und völlig demoralisiert, auf die ablösende Division einen äußerst entmutigenden Eindruck machen musste.
Das US-Infanterieregiment 109 blieb bald in dem sich versteifenden Widerstand der deutschen Kräfte liegen, dem US-Infanterieregiment 112 dagegen gelang es, die mit nur geringen Kräften verteidigte Ortschaft Vossenack zu nehmen, während das US-Infanterieregiment 110 schon beim Antreten zerschlagen wurde.
Am 3. November gelang es einem Bataillon des US-Infanterieregiments 112, die Kallschlucht zu überwinden und zunächst Kommerscheidt und danach Schmidt zu nehmen, das ebenfalls nur schwach besetzt war.
Die auf einer Hochebene gelegene Ortschaft Schmidt stand von Anfang an im Mittelpunkt der operativen Überlegungen des VII. US-Korps. Teils wegen seines Wegenetzes (von Strassen kann 1944 kaum die Rede sein), andererseits aber wegen seiner beherrschenden Höhenlage, wurde es von den Amerikanern als ein unbedingt zu nehmendes Zwischenziel auf dem Weg zum Rhein angesehen, deshalb hatte bereits im Oktober die 9. US-Division den Auftrag erhalten, diesen kleinen Ort zu erobern.
- Die Amerikaner haben große Schwierigkeiten, ihr Kriegsgerät über die schmalen Forstwege des Wehebachtales an die Kampflinie zu bringen. Hier eine 40mm-Bofors, die vorwiegend der Luftabwehr diente.
Sie wurde zuerst aufgefrischt und durch Artillerie, Pioniere und Panzer bzw. Panzerjäger erheblich verstärkt worden.
In Tagelangen wechselvollen Kämpfen gelang es den Regimentern der 9. US-Division zwar, Germeter zu nehmen, aber an einen Vorstoß auf Schmidt war nicht zu denken, die Verluste der Division bis zum 16. Oktober betrugen 4500 Mann (bei einer Sollstärke von 15 868, die Verstärkungen nicht mitgerechnet).
Nach amerikanischer Auffassung war die Division damit nicht mehr kampffähig und wurde aus der Front herausgelöst
Zu den deutschen Kräften:
Dem Zentrum des alliierten Angriffs gegenüber, im Hürtgenwald, standen zunächst die 275. Infanteriedivision und südlich von ihr die 89. ID, beide sogenannte Westwall-Divisionen, die aus Truppenresten von der Invasionsfront in diesem Raum neu gebildet werden sollten.
Die 89. ID hatte am 2.11.1944 eine Grabenstärke von 606 Mann (!), dazu nur Beutegeschütze unterschiedlichster Typen mit geringer Munitionsausstattung.
Die 275. ID wies nur 6500 Mann bei einem Soll von 12 772 Mann auf, allerdings waren davon rund 5000 Mann tatsächliche "Kämpfer" und nur 1500 Mann als sogenannte Helfer eingesetzt, die Unterstützung durch schwere Waffen beschränkte sich auf acht bis zehn Sturmgeschütze und Artillerie etwa in Regimentsstärke, deren Munitionsausstattung allerdings so knapp war, dass sie "bewirtschaftet" werden musste.
Als günstig war jedoch das Vorhandensein von drei Pionierbataillonen zu beurteilen, zu erwähnen ist weiterhin, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der deutschen Kräfte aus achtzehnjährigen Rekruten, fünfzig- bis sechzigjährigen Veteranen und für den Infanteriekampf nicht ausgebildeten Luftwaffensoldaten bestand, trotz dieser Personal- und Materiallage auf deutscher Seite scheiterte der Angriff der 9. US-Division, die zu achtzig bis neunzig Prozent aufgefüllt und erheblich verstärkt worden war, restlos!
Trotz der negativen Erfahrungen während der bisherigen Kämpfe im Oktober wurden der 28. US-Division noch weitergehende Aufträge erteilt als bisher, sie sollte nicht nur den Raum Schmidt nehmen, sondern endlich auch die zweite Westwall-Linie aufbrechen und das Höhengelände südwestlich von Hürtgen besetzen.
Da der deutschen Führung die beabsichtigte Fortsetzung des alliierten Angriffs nicht verborgen geblieben war, wurde zur Unterstützung der beiden geschwächten Infanteriedivisionen die 116. Panzerdivision aus dem Raum Jülich/Mönchengladbach herangeführt.
Diese war dort durch die aufgelöste Panzerbrigade 108 und Ersatztruppenteile aufgefüllt worden, sie hatte eine Ist Stärke von ca. 60 Prozent, d. h. die Kompanien waren 80 bis 90 Mann stark, obwohl Panzerdivision, mussten an Stelle von Kraftfahrzeugen zum Teil pferdebespannte Fahrzeuge eingesetzt werden.
Nur ein Bataillon verfügte über Schützenpanzer, statt der 1./Panzerregiment 16, die sich gerade in der Umrüstung auf den "Panther" befand, wurde der Division die 1./Panzerregiment 24 unterstellt, ein besonders kampferprobter Eliteverband der 24. PD, auf die relativ rasche Einnahme von Schmidt am 2./3. November, der die deutsche Seite nicht jene Bedeutung beimaß wie die amerikanische, konnte die deutsche 7. Armee nun aber unverzüglich reagieren.
Als Alarmtruppe wurde sofort das verstärkte Panzergrenadierregiment 156 in Marsch gesetzt, das Gros der 116. PD. sollte in der Nacht zum 4. November folgen.
Ab dem 4. 11. sahen sich die Amerikaner nordöstlich Vossenack einem zermürbenden Feuer deutscher Artillerie, Granatwerfer, Sturmgeschütze und Panzer ausgesetzt, sie verharrten schließlich in den Kellern zerstörter Häuser.
Der Kommandeur des 11./US-IR 112 bekam einen Nervenzusammenbruch und bis zum 5. November abends war Vossenack von drei Seiten eingeschlossen.
Am 6. November begann der deutsche Gegenangriff auf Vossenack, in das die Amerikaner als Verstärkung zusätzlich ihr 146. Pionierbataillon geworfen hatten, es entwickelte sich ein Häuserkampf, wie er in der Geschichte des II. Weltkrieges nur selten zu verzeichnen war.
Mittelpunkt des erbitterten Kampfes war die teilweise zerstörte Kirche von Vossenack, in Kämpfen Mann gegen Mann mit Panzerfaust, Spaten, Bajonett und Kämpfen mit bloßen Händen wechselte die Kirche mehrfach den Besitzer, zwischen 22 und 23 Uhr war sie endgültig in deutscher Hand, jedoch nur bis zum anderen Morgen.
Durch die Teileroberung von Vossenack durch die Deutschen, sahen die Amerikaner die gesamte Operation in Gefahr.
Am Morgen des 7. November griff daher das 146. US-Pionierbataillon erneut an und stieß dabei auf den weiteren Angriff der deutschen Panzergrenadiere, die abgekämpft in den Ostteil des Ortes zurückweichen mussten, dieser Frontverlauf blieb hier längere Zeit so bestehen.
Südlich des Flusses Kall, welches das Gefechtsfeld durch einen tiefen Einschnitt in einen nördlichen und einen südlichen Teil trennte, gingen die Kämpfe unterdessen unvermindert weiter, bedingt durch das schwierige Gelände, fuhr sich ein Teil der dort herangeführten US-Panzer im Kall-Grund fest.
Erst nachdem diese gesprengt worden waren, gelang es den Amerikanern, sechs Panzer und neun Jagdpanzer nach Kommerscheidt vorzubringen, so dass sie in die Kämpfe um Schmidt eingreifen konnten.
Die abgesessen kämpfende verstärkte Panzer-Aufklärungsabteilung 116 drang ihrerseits in den Kall-Grund ein, nahm die Mestringer Mühle und stellte dort die Verbindung zu den Grenadieren der 89. ID her.
Die amerikanischen Sicherungen am einzigen Kall-Übergang wurden vernichtet, der Weg nach Schmidt war damit für die Amerikaner unterbrochen, was letztlich auch durch einen Gegenangriff ihrer besonderen Eingreifreserve nicht rückgängig gemacht werden konnte.
- Amerikanische Sherman-Panzer im Kalltal. Auf den engen Kehren haben die schweren Fahrzeuge große Probleme. Teilweise müssen sogar Felsen weggesprengt werden.
Inzwischen hatten am 4. November Grenadiere der 89. ID, unterstützt durch zehn Sturmgeschütze der Brigade 341, das Dorf Schmidt den Amerikanern wieder abgenommen.
Die Fortsetzung dieses Angriffs durch die II./PR 16 mit gerade acht Panzern scheiterte, nachdem fünf Panzer abgeschossen worden waren, die weiteren deutschen Angriffe auf Kommerscheidt wurden nur zögernd vorgetragen, doch gelangen auch dort Einbrüche in den östlichen Teil des Ortes.
Die 18 US-Panzerfahrzeuge in Kommerscheidt wurden nach und nach von der II./PR 16 abgeschossen.
Das deutsche Artilleriefeuer machte aber den Amerikanern am meisten zu schaffen, denn sie waren es nicht gewöhnt, einer derartigen Belastung standhalten zu können.
Am Morgen des 7. November wurde Kommerscheidt durch gepanzerte deutsche Kräfte rasch eingenommen, dem nun in diesem Abschnitt führenden V. US-Korps wurde klar, dass von einer Einnahme des eigentlichen Ziels Schmidt, nicht mehr die Rede sein konnte, im Gegenteil, alle amerikanischen Truppen südlich von Kall mussten zurückgenommen werden.
Von 2200 Mann erreichten schließlich 300 die Auffanglinie bei Germeter, insgesamt verlor die 28. US-Division bei ihrem Versuch, Schmidt einzunehmen, 6180 Mann, davon allein 2100 bei dem US-Infanterieregiment 112, der zweite Vorstoß auf Schmidt war damit ebenfalls gescheitert.
Am 16. November begann der dritte und größte Angriff der 1. US-Armee in Richtung Rhein mit einer zusätzlichen Division (4. US-Division) und Teilen der 5. US-Panzerdivision.
- Diesen amerikanischen Infanteristen stehen die Strapazen ins Gesicht geschrieben.
Obwohl Hürtgen, Brandenberg und schließlich Bergstein fielen, schlug der Angriff wiederum nicht durch, selbst der Luftangriff vom 16. November 1944, durchgeführt von 4500 alliierten Bombern, Jabos und Jägern konnte keine Akzente setzen.
Allein 10 000 t Bomben über den Räumen Düren, Jülich und Heinsberg sowie Eschweiler, Weisweiler und Langerwehe wurden abgeworfen, dabei fanden Tausende von Zivilisten den Tod.
Auf deutscher Seite hatte dieser, im sechsten Kriegsjahr zweifellos beachtliche Abwehrerfolg jedoch insofern nachteilige Folgen, als die für die Ardennen-Offensive, (Beginn 16.12.1944) vorgesehenen Kräfte empfindlich geschwächt wurden, was u. a. auch zum Scheitern dieses letzten deutschen Angriffs im Westen führte.
Erst im Februar 1945 setzte die 12. amerikanische Heeresgruppe ihren Angriff in Richtung Rhein auf breiter Front fort, am 7. Februar fiel Schmidt entgültig.
Die Dämme der Rur-Talsperre wurden von den Deutschen gesprengt und die 9. US-Armee wurde durch das dadurch verursachte Hochwasser bis zum 23. Februar aufgehalten.
Eine letzte Frist vor dem Kampf um den Rhein.
Eine Reihe von Soldatenfriedhöfen im Raum Hürtgenwald erinnert heute noch an das Geschehen jener Zeit.
Die Schlacht im Hürtgenwald („Allerseelenschlacht“) dauerte fast ein halbes Jahr, von September 1944 bis Ende Februar 1945 und kostete etwa 13.000 deutschen und 57.000 amerikanischen Soldaten das Leben.
Wer sich für das Hürtgenwaldmuseeum interessiert, der klicke >HIER<
Gruss
Krupp